Download
Schreiben an die Kreistagsabgeordneten wegen der "temporären Schließung" des Krankenhauses Rahden
Die Bürgerinitiative hat an alle Kreistagsabgeordnete beigefügtes Schreiben zwecks Verhinderung der Schließung des Krankenhauses Rahden versandt.
SCHREIBEN AN KREISTAGSABGEORDNETE.pdf
Adobe Acrobat Dokument 1.3 MB

Sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrter Abgeordneter,

der Bürgerinitiative zur Förderung der stationären Gesundheits- und Notfallversorgung im Lübbecker Land e.V. liegt die Beschlussvorlage von Herrn Landrat Dogan für die Sitzung des Kreistags am 4.9.2023, das Krankenhaus Rahden betreffend, vor.

Wir möchten Sie bitten im Interesse der betroffenen Bürgerinnen und Bürger dem Beschlussvorschlag nicht zuzustimmen.

Es dürfte Einigung darüber bestehen, dass eine temporäre Schließung eine endgültige Schließung bedeuten würde und nahezu irreversibel wäre.

Zu Ihrer Information beigefügt ist das Email-Schreiben von Herrn Dr. Kuge vom 20.8.2023 an das Ministerium, das wesentliche Argumente gegen die Schließung enthält. Ebenfalls ist eine Simulation der gesetzlichen Krankenversicherung beigefügt, welche Auswirkung das auf die vom Minister Laumann als zu Recht für die flächendeckende Grundversorgung unverzichtbar erklärte 20-Minuten-Regelung haben würde. Die ministeriell definierte Mindestanforderung der 20-Minuten-Regelung wird dann nicht länger erfüllt und die stationäre Krankenhausversorgung im Nordkreis geschwächt.

Die Bürgerinitiative hat beizeiten ein umfassendes Konzept für alle Standorte der MKK vorgelegt, das auf der Internetseite der Bürgerinitiative veröffentlicht ist und wir Ihnen gerne erläutern würden. Ein solches Konzept vermissen wir von der Leitung der MKK.  Die Verantwortung auf das Gutachten von Herrn Prof. Augurzky zu verlagern, wäre nicht gut. Sie als Abgeordnete des Kreistages tragen die Verantwortung und müssen Ihre Entscheidung nicht nur vor Ihrem Gewissen, sondern auch vor den Bürgern, die Sie gewählt haben, begründen.

Aus Platzgünden folgen hier nur Ausführungen zur Begründung des Landrats in der Beschlussvorlage.

Aus dem aktuellen Stand der Krankenhausreform lässt sich die beabsichtigte Schließung des Krankenhauses - und die Entwertung zweistelliger Millionenbeträge an Investitionsmitteln in den letzten Jahren - überhaupt nicht begründen. Den Stand der Krankenhausplanung schildert Herr Minister Laumann in seinem Schreiben vom 4.6.2023 an den Landtagspräsidenten. Es ist beigefügt. Der Stand der Abstimmungsgespräche, insbesondere mit den Kostenträgern für alle Krankenhäuser in NRW, wird dort detailliert wiedergegeben. Demzufolge wurde vom Vorstand der MKK für die Allgemeine Innere Medizin in Rahden 2.500 jährliche, stationäre Fälle beantragt, die Krankenkassen sehen einen Bedarf für 2.028 Fälle. Es besteht Dissens, unüberbrückbar ist er nicht. Ähnlich bei der Allgemeinen Chirurgie in Rahden: Beantragt 1.000 Fälle, zugestanden 912 Fälle. Zur Geriatrie vergleichen Sie bitte beigefügte Ausführungen von Herrn Dr. Kuge. Geht man von den beantragten, bisher nicht widerrufenen  Zahlen in der Allgemeinen Inneren Medizin und Allgemeinen Chirurgie aus und fügt die stationäre Fallzahl einer auf Rahden konzentrierten, internistisch geprägten Geriatrie von 1.700 hinzu, würde das Krankenhaus in Rahden jährlich 5.200 stationäre Fälle behandeln und wäre als internistisch-geriatrisches Fachkrankenhaus mit kleiner Chirurgie und D-Arzt-Ambulanz absolut überlebensfähig. Natürlich kann man – wie in den letzten Monaten geschehen – ein Krankenhaus systematisch „aushungern“ und dann leicht begründen „lohnt sich nicht mehr“. Die im Beschlussvorschlag angeführte niedrige Belegung in Rahden ist seit Februar 23 vermutlich vorsätzlich gesteuert. Die BI hat mehrfach darauf hingewiesen.

 

 

Zu den wirtschaftlichen Folgen einer möglichen Schließung.

Wie bereits ausgeführt, liegt keine besondere Notlage bei den Mühlenkreiskliniken vor, sondern es sind exogene Faktoren wie Inflation, Tarifabschlüsse und nicht kostendeckende Entgelte, unter denen alle Krankenhäuser in Deutschland leiden. Diese Faktoren sind aber auch nur exogen lösbar. Es dürfte natürlich dessen ungeachtet ein erheblicher Restrukturierungsbedarf bei den MKK bestehen. Der Beitrag des Krankenhauses Rahden zur Behebung der prognostizierten Verlustsituation im Konzern im Jahr 2023 in Höhe von 26,1 Mio., wird gering sein. Nach Schätzung der Bürgerinitiative könnte sich dieser Konzernverlust in etwa wie folgt aufteilen: Minden minus 17 Mio. Euro, Bad Oeynhausen minus 2 Mio. Euro, Lübbecke minus 4 Mio. Euro und Rahden minus 3 Mio. Euro. Lediglich die Auguste Viktoria Klinik dürfte ein ausgeglichenes oder gering positives Ergebnis erzielen. Fest steht, wollte man die Schließung in Rahden wirtschaftlich begründen, dies keine hinreichende Begründung wäre.

Der Hauptrestrukturierungsbedarf mit wirtschaftlichem Potential liegt in Minden!

Der wirtschaftliche Beitrag einer Schließung in Rahden lässt sich auch mit folgender, vereinfachten Rechnung darstellen:  Bereits bekannter Umsatz aufgrund des Lohfert-Gutachtens 8 Mio. Euro plus 3 Mio. erwarteter Verlust 2023, gleich Kostensockel 11 Mio. Euro. Bekanntlich sind 75 Prozent der Gesamtkosten eines Krankenhauses Fixkosten und 25 Prozent variable, belegungsabhängige, bzw. fallbezogene Kosten. Wir sind uns wohl einig, dass eine Verschiebung von Personal in verbleibende Kliniken des Konzerns zunächst keine wirtschaftliche Entlastung bringt. Also würde die Schließung kurzfristig lediglich 2,75 Mio. Euro wirtschaftliche Entlastung bringen, die weit überwiegenden Fixkosten aber bestehen bleiben und den Konzern auch weiterhin belasten!

Der überwiegende Teil der 11 Mio. € Kosten (Personal / Material / Energie usw.) in Rahden verlagert sich kurzfristig ja nur. Die Kosten sind nicht weg.

Wirklich eingespart werden realistisch nur 2,75 Mio. € / Jahr. Ein im Verhältnis zum MKK-Gesamtjahresumsatz von etwa 450 Mio. € kaum erwähnenswerter Betrag.

Es wird also für eine nicht belegte Kostenersparnis in Rahden das Abschneiden von Teilen des Nordkreises von einer notwendigen stationären Gesundheitsversorgung in Kauf genommen.

Wahrscheinlich ist es sogar so, dass einfachere Behandlungen im KH-Rahden kostengünstiger behandelt werden können, als z.B.  im Universitätsklinikum Minden.

Damit wäre die Schließung kurzfristig teurer, als den Versorgungsauftrag umfassend zu erfüllen.

Bestehen Sie deshalb auf belastbare, geprüfte Zahlen, bevor Sie weitreichende Beschlüsse fassen!

Last but not least: Herr Landrat Dogan schreibt von „vorbereitenden Maßnahmen zu einem Umwandlungsbeschluss“. Was soll wie „umgewandelt“ werden?  Auch das sollte bekannt und belastbar geprüft sein, bevor Sie Beschlüsse zum Standort Rahden fassen.

Zu einem Gespräch stehen wir gerne zur Verfügung.

 

Für die Bürgerinitiative zur Förderung der stationären Gesundheits- und Notfallversorgung im Lübbecker Land e.V.

 

Dr. Wolfgang Adam     Dr. h.c. (CHN) Arno Kuge